Juninächte

Juninächte
(Aus „Dreizehnlinden“)

Lieblich sind die Juninächte,
wenn des Abendrots Verglimmen
und des Morgens frühe Lichter
dämmern ineinander schwimmen;

Wenn der Lenz mit roten Rosen
rasch verblutet und die kleinen
Nachtigallen um den Toten
ihre letzten Lieder weinen;

Wenn im Kelch der Lindenblüte
unterm Blätterbaldachine
schläft, gewiegt von lauen Lüften,
die verirrte müde Biene.

Träumerisch im Nest der Schwalbe
zirpt die Brut und zwischert leise
von dem großen blauen Himmel
und der großen Südlandreise.

Und im Weizen schlägt die Wachtel,
jedem Pflüger liebe Laute,
liebe Laute all den Körnern,
die er fromm der Flur vertraute.

Durch die frisch entsproßnen Ähren
haucht ein Säuseln und ein Singen,
als ob holde Himmelsgeister
segnend durch die Saaten gingen.

Friedrich Wilhelm Weber