Christi Himmelfahrtstag

Was ist das für ein Himmelsblauen,
Und selbst die Wolken leuchten licht!
Empor, empor die Augen schauen
Mit Wehmut und mit Zuversicht.
Hält uns die Erde noch umschlossen,
Der friedenlose Lug der Welt;
Der Herr stieg auf, und glanzumflossen
Winkt uns als Heimat sein Gezelt.

Schau`auf von den geliebten Schätzen,
Die Diebe stehlen, Rost zerfrißt;
Sei geistigarm, die Not zu letzen,
Such` spendend, Herz, was ewig ist!
Du, Armer, auf uns Schweiß und Tränen,
Nach der Verachtung dieser Zeit.
Kommt für dein Mühen, für dein Sehnen
Der Reichtum süßer Seligkeit!

Du frohe Brust, Lust währt nicht lange,
Vollkommen nur ist Ewigkeit;
Du traurig Herz, warum so bange?
Gestillt wird auch das längste Leid!
Blüht diese Erde wie ein Garten
für dich, das Kind von Schuld und Tod,
Was wird Gottesliebende erwarten
Ein wonnefunkelnd Morgenrot!

Schau` auf vom Oelberg der Verklärung,
Der Oelberg ist`s ja auch vom Leid:
Dem einzig wird des Heil`s Gewährung.
Der treu gerungen in der Zeit.
Erst kam das Kreuz und dann die Krone,
Die nun vom Haupt des Siegers blinkt.
Willst du nur Rosen, da zum Hohne
Der Dornenkranz sein Haupt umschlingt?

Mein Wille nicht, o Herr, geschehe,
Dein Wille ja allein ist gut;
Führt auch der Pfad in herbes Wehe,
Wenn nur das Herz an deinem ruht!
Des Trostes Engel ist nicht ferne,
Wer treu dem Herrn, den läßt er nicht;
Du gingst voran, wir folgen gerne,
Und aus der Nacht entflutet Licht.

Franz Alfred Muth (1839-1890)

Herbstabend

Herbstabend

Auf der Erde Nacht und Dunkel,
Oed` die Flur und kahl der Hag,
Droben sternig Lichtgefunkel
Wie ein sel`ger Himmelstag.

Klagst du, daß die Blätter fliegen?
Laß das Laub dem Sturm der Nacht!
Dunkel mag die Erde liegen,
Droben ist ja Licht entfacht!

Schau`nur zu den Sternenauen:
Immer neuer Sterne Schaar
Wird dein staunend Auge schauen,
Goldenlicht und wunderbar.

Staunend stehst du lichte Sterne
Auch in deiner Seele klar,
In der Nähe, in der Ferne
Wirst du freudig sie gewahr.

Trauerst du, daß Blätter fliegen?
Laß das Laub dem Sturm der Nacht!
Dunkel mag die Erde liegen;
Ist ja Licht genug entfacht!

Franz Alfred Muth (1839-1890)

Herbstmärchen

Herbstmärchen

Rot steht der Wald, der Wind nur schwebt
Im Grün der Tannen und der Fichten,
Herbstregen Nebelmärchen webt,
Gar wunderseltsame Geschichten.

Nicht von der Nachtigallen Land,
Von Mondlicht nicht und Elfenreigen,
Von Gnomen, die hierher gebannt,
Schatzgräbern in dem nächt`gen Schweigen.

Das Schlänglein, das am Boden zischt,
Der Rabe, kreischend in den Lüften,
Die Blume, nie vom Than erfrischt,
Wer zaubert sie aus diesen Schlüften?

Rot steht der Wald, der Wind nur schwebt
Im Grün der Tannen und der Fichten,
Herbstregen Nebelmärchen webt,
Gar wunderseltsame Geschichten.

Franz Alfred Muth (1839-1890)

Gedicht zum Ostermontag

Ostermontag

Wir sind so müd gegangen,
Zur Rüste geht das Licht!
Wenn Nacht uns will umfangen,
Herr, bleibe, scheide nicht!

Seit du dich uns gesellet
Und deine Stimme spricht,
Da war das Herz erhellet;
Herr, bleibe, scheide nicht!

Du Trost in allen Leiden,
Wenn Erdenhoffnung bricht,
Wenn grimme Feinde streiten,
Herr, bleibe, scheide nicht!

O kehre, wo wir kehren,
Ist unser Haus auch schlicht,
So mag`s doch rast bescheren;
Herr, bleibe, scheide nicht!

Und will das Auge brechen,
Wie`s matt im Tode bricht,
Soll noch die Lippe sprechen:
Herr, bleibe, scheide nicht!

Franz Alfred Muth (1839-1890)