Leuchtkäfer ziehen durch die Juninacht

Leuchtkäfer ziehen durch die Juninacht
Wie Blicke, die ins Dunkel fliehen,
Ist dort im Abendlaub ein sacht Gefunkel –
Leuchtkäfer ziehen durch die Juninacht.

Ich möchte mich ins Gras hinknien
Still wie ein Schäfer, der die Welt vergisst
Und nur ein Traum bei hellen Blicken ist,
Von denen keiner Dir am Tage lacht;
Die nur in vager Heimlichkeit entstehen
Und über schwüle Abendwiesen gehen,
Von einer heißen Nacht zur Welt gebracht.
Ich hab‘ zu jenen Blicken ein Gesicht erdacht
Von zager Schönheit, dass der Tag nicht wagt
Mehr aufzusehen, und allein die Nacht
Tastend mit sachten Lichtern sucht und fragt.

Max Dauthendey (1867-1918)