Aschermittwoch – ein Gedicht von Luise Hensel

Aschermittwoch

»Staub bist du und kehrst zum Staube,
Denk, o Mensch, an deinen Tod!«
Wohl, dies weiß ich, doch mein Glaube
Sieht ein ew’ges Morgenrot.

Sieht ein Land, wo Friedenspalmen
Um des Siegers Scheitel wehn,
Wo umrauscht von ihren Psalmen
Wir der Engel Chöre sehn.

Wo Maria, die Getreue,
Ihr geliebtes Kind uns zeigt,
Wo die Sehnsucht und die Reue
Nun ihr selig Ziel erreicht.

Wo der Vater mit dem Sohne
Und dem Heil’gen Geist zugleich
Thront auf einem ew’gen Throne,
Unaussprechlich herrlich, reich.

Wo wir den, der je gewesen,
Schauen, wie er ewig war.
O, dort wird mein Herz genesen,
O, dort wird mein Auge klar!

Wo verklärte Seelen streben,
Ihn, den Einz’gen, zu erhöhn,
Wo die sel’gen Märt’rer schweben,
Wo die reinen Jungfraun stehn.

Wo die zarte Magdalene
Selig ihm zu Füßen liegt,
Da der Reue bittre Träne
Ihr in Wonne längst versiegt.

Wo Johannes, der Geliebte,
Innig ihm am Herzen ruht.
Alles Kranke, einst Betrübte
Ruht in seines Schoßes Hut.

Wo die heil’gen Scharen wandeln,
Die das Kreuz den Weg gelehrt,
Die im Lieben, Dulden, Handeln
Hier sein Bild in sich verklärt. –

Wohl mir, daß er Staub einst werde,
Dieser Leib von Erd’ und Staub!
Meine Seele wird der Erde,
Wird dem Wurme nicht zum Raub.

Hauch ist sie aus Gottes Munde,
Und sie kehrt hinauf zum Licht.
Sei gesegnet, ernste Stunde,
Die einst meine Fessel bricht!

Sei gesegnet, stiller Hügel,
Der einst meine Asche deckt,
Bis das Wehn der Seraphflügel
Mich von langem Schlaf erweckt!

»Denn du Staub, du kehrst zum Staube
Bis zum neuen Morgenrot.«
So, ich weiß es, doch mein Glaube
Hebt mich über Grab und Tod.

Düsseldorf, 1820.

Luise Hensel (1798-1876)

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